WARUM, WIE UND WAS?


In dem bedeutenden Fachmagazin für Augenoptik, der EYE COM vom November 2019, erschien die zweite Veröffentlichung von mir. Es handelt sich um eine Serie über Gewaltfreie Kommunikation im Business. Gerne stehe Ihnen für weitere Informationen zur Verfügung.

WARUM, WIE UND WAS?

DIE QUALITÄT ZWISCHENMENSCHLICHER BEZIEHUNGEN
HAT IN ERSTER LINIE DAMIT ZU TUN, WIE MENSCHEN MITEINANDER KOMMUNIZIEREN. DAS GILT IM BERUFS- WIE IM PRIVATLEBEN GLEICHER MASSEN. AUGENOPTIK-UNTERNEHMERIN UND EYECOM-AUTORIN
SABINE SIEGMUND BEFASST SICH AUCH IN FOLGE 2 UNSERER SERIE MIT DEM THEMA „GEWALTFREIE KOMMUNIKATION“.

 

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Der „Golden Circle“ von Simon O. Sinek (Foto EYECOM)

 

 

Jeder Mensch braucht Gründe für sein Handeln; auch und gerade für sich selbst. Der Unternehmensberater Simon O. Sinek hat diese Erkenntnis in einem „Golden Circle“ (siehe Grafik) zusammengefasst. In der Mitte aller Überlegungen steht immer das „why?“- warum? Warum und wofür ist es beispielsweise wichtig, morgens ins Geschäft zu fahren? Warum braucht mich die Welt und was ist mein Antrieb? Meine persönliche Antwort ist: Weil ich es liebe, Menschen zu tollem Aussehen und exzellentem Sehen zu führen.

Danach kommt das „how?“ – wie? Wie erreiche ich mein Ziel? Wie unterscheide ich mich von anderen Augenoptikern? In meinem Fall ist es meine Begeisterung für die Arbeit, empathisches Zuhören und Kommunizieren. Denn ich stelle immer wieder fest: Leidenschaft ist ansteckend. Im äußeren Ring steht das „what?“ – wasmeine Ziele zu erreichen? Was sind die Produkte und Dienstleistungen, die ich anbiete? Bei mir sind es außergewöhnliche Brillen, Kontaktlinsen für einen gesunde und natürlichen Tragekomfort, coole Sonnenbrillen und Hörsysteme, die einen fetten Sound haben.

Diese Fragen sollen auch Sie sich als Unternehmer beantworten, denn nur mit einer Ur-Motivation sprechen wir ehrlich und entwickeln eine Sprache, die unsere Mitmenschen anspricht und dadurch im Business die Wertschöpfung steigert. Mit diesem Prinzip schaffen Sie sich auch nicht nur Käufer: Sie schaffen Fans. Ihre Kunden werden an Sie glauben, an Ihre Leidenschaft für Ihre Produkte und Dienstleistungen. Sie werden sie damit begeistern, dass Sie das richtige Produkt für sie haben. Inspiration ist ein viel stärkeres Verkaufsargument als jede technische Analyse.

Inspiration ist ein viel stärkeres Verkaufsargument als jede technische Analyse.

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(Foto EYECOM)

Bis vor etwa 15 Jahren lautete die erste Frage nach dem Betreten eines Augenoptikergeschäftes: „Haben Sie ein Rezept?“ Heute kommen häufig andere emotionslose Fragen wie: „Seit wann können sie nicht mehr richtig sehen“ oder gar „Haben Sie schon eine bestimmte Vorstellung?“ Der Kunde ist gekommen, weil er Ihre Vorstellungen und Ihre Begeisterung kennenlernen möchte.

Stellen Sie sich vor, Sie betreten ein Juweliergeschäft, um sich eine neue tolle Uhr zu kaufen. So was richtig Schickes, was schon immer ihr Traum war und das Sie sich jetzt endlich leisten wollen. Der Verkäufer kommt auf Sie zu und fragt sie: „Seit wann stört es Sie, dass Sie nicht wissen, wie spät es ist?“ Ich denke, da würde Ihnen die Freude an der Uhr auf der Stelle vergehen.

Wir ärgern uns weniger, wenn wir davon ausgehen, dass unser Gegenüber ein unerfülltes Bedürfnis oder Problem hat.

Setzen Sie sich als Ziel, jeden Kunden von Beginn an zu überraschen und zu begeistern. Sie haben Erfolg, wenn Sie wissen, „why“, also warum sie das tun, was Sie tun. Sie können als Überraschungseffekt beispielsweise sagen: „Wunderbar, dass Sie zu mir gekommen sind. Ich werde ihnen mit ihrer neuen Brille ein phänomenales Sehen zaubern.“ Ich wette mit Ihnen: Auch Ihr Kunde wird Sie überrascht ansehen und lächeln. Eine Bitte allerdings: Bleiben Sie bei allem, was Sie sagen und tun, authentisch; sowohl in der Kommunikation als auch in Mimik und Gestik. Wenn Ihnen bewusst ist, warum Sie Ihre Arbeit gerne machen, dann haben Sie den Grundstein für Empathie zu sich selbst und anderen bereits gelegt. Die Voraussetzung für eine bereichernde Kommunikation ist auch die Freude am Beruf und an Menschen. Unser gesamtes Handeln sollte aus spielerischer Freude heraus geschehen.

Kein Kunde oder Kollege möchte Sie bewusst ärgern.

Manche negativen Äußerungen nehmen wir allerdings so auf. Dann schaltet unser Gehirn in den Alarmzustand, was bedeutet: Fight or flight – kämpfe oder fliehe. Unser Unterbewusstsein sucht immer nach Lust und möchte Frust vermeiden.

Ein Beispiel: Jemand sagt zu mir: „Ich würde nie in das Land reisen, in dem du gerade Urlaub gemacht hast. Das finde ich ganz furchtbar.“ Diesen Satz kann ich als Angriff verstehen und kämpfen, in dem ich in die Verteidigung gehe (fight): „Das ist ein tolles Land. Die Landschaft ist großartig und die Menschen sind super nett!“ Oder ich sage: „Du hast ja keine Ahnung von dem Land!“ und gehe eingeschnappt weg (flight). Unser Denken wird ausgeschaltet, wir interpretieren das Gehörte und fühlen uns angegriffen.

So wie wir uns möglicherweise von der Aussage eines Gesprächspartners in die Ecke gedrängt fühlen, können wir auch selbst andere mit wertenden Aussagen in den „fight or flight“-Zustand bringen.“ Das erzeugt Spannung und Disharmonie zwischen den Gesprächspartnern. Wir können es vermeiden, indem wir die eigenen Bedürfnisse als klare Bitte äußert. Dabei hilft die verbindende, gewaltfreie Kommunikation. Sie ist eine Lebenseinstellung, die uns dabei unterstützt, unser natürli- ches Einfühlungsvermögen wieder zu entfalten, damit wir mit uns selbst und mit unseren Mitmenschen in verständnisvollen Kontakt treten. Auch dabei helfen die Prinzipien der gewaltfreien Kommunikation.

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(Foto EYECOM)

Beobachtung

Der erste Schritt ist das Beobachten, ohne eine Bewertung vorzunehmen. Hier ist es wichtig, nur das zu hören, was auch gesagt wurde. Stellen Sie sich vor, Sie schauen auf die Aussage wie durch eine Videokamera und beschreiben nur das, was sie gesehen und gehört haben. Man nennt das auch „ZDF“: Zahlen – Daten – Fakten. Die Fähigkeit, Beobachtungen und Bewertungen zu trennen, ist immer eine Bereicherung. Das ist jedoch besonders schwierig, wenn in einer Aussage eine Bewertung, ein Urteil oder andere Reizwörter ge- nannt wurden. Diese nicht als Angriff zu hören und eine Eskalation zu

Unser Unterbewusstsein sucht immer nach Lust und möchte Frust vermeiden.

vermeiden, braucht schon etwas Übung. Sehen Sie die Sprache der Mit- menschlichkeit so, als würden sie eine neue Sprache lernen. Auch Ihre Muttersprache haben Sie ja nicht sofort perfekt beherrscht. Geben Sie sich Zeit und freuen Sie sich über kleine Erfolge. Glauben Sie mir: Es lohnt sich (nicht nur im Business), das Gesagte ohne Wertung zu hören.

Ein Beispiel:

„Oh, du warst ja beim Friseur“
„Ja, gefällt es dir etwa nicht?“
„Doch, deine Haare sind kürzer als sonst.“
„Willst du etwa, dass ich mir die Haare lang wachsen lasse? Immer hast du etwas auszusetzen!“

Dabei wurden objektiv nur zwei sachliche Feststellungen getroffen:

Du warst beim Friseur.
Deine Haare sind kürzer als sonst.

 

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(Foto EYECOM)

Jeder von uns kennt jeder solche und ähnliche Gesprächssituationen, die plötzlich eskalieren und bei denen man sich hinterher fragt: „Was war das denn jetzt? Warum ist das Gespräch so in die falsche Richtung gelaufen?“

Eine andere Situation aus dem Berufsalltag: Ein Kunde sagt: „Ich habe keine Ansprüche an eine Fassung.“ Das ist eine Aussage. Wenn ich eine Bewertung mit in die Aussage bringe, höre ich eventuell: „Ich möchte eine günstige Fassung.“ Werden Beobachtungen mit Interpreta- tionen verknüpft, dann hören wir etwas anderes als der Gesprächspartner uns mitteilen wollte. In diesem Fall wollte mein Kunde eine Brillenfassung, die sehr solide und von sehr hoher Qualität sein sollte. Nur der modische Aspekt interessierte ihn nicht.

Aber nicht nur zwischen Kunde und Augenoptiker gibt es Kommunikation. Wir kommunizieren ja auch ständig mit unseren Kollegen, Vorgesetzten, Mitarbeitern und Lieferanten. Ein weiteres Beispiel:

„Die Kassenrolle ist leer!“
„Du hast auch immer etwas zu meckern“.

Durch wertendes Hören kann Unmut aufkommen, obwohl der Gesprächspartner das gar nicht so gemeint hat. Hören Sie den Satz wie eine Tonbandaufnahme: Dann besteht er einfach aus der sachlichen Feststellung, dass die Kassenrolle leer ist. Wenn Sie ihn als Aufforderung hören, dann sagen sie das und fragen direkt zurück: „Möchtest du, dass ich eine neue Kassenrolle einlege?“ Möglicherweise erhalten Sie dann die Antwort: „Oh, das wäre toll, denn ich weiß nicht, wie der Austausch der Rolle funktioniert. Wenn du es mir zeigst, kann ich sie nächstes Mal selbst wechseln.“

Wir ärgern uns weniger, wenn wir davon ausgehen, dass unser Gegenüber ein unerfülltes Bedürfnis oder Problem hat (in diesem Beispiel das Wechseln der Kassenrolle). Deshalb lohnt es sich – bevor wir uns über eine Aussage von Mitmenschen ärgern – immer, kurz innezuhalten und zu überlegen; „Stopp: Was genau ist gesagt worden, ohne Interpretation und ohne Wertung?“

Eine Aussage ohne eine Bewertung zu machen, beinhaltet deshalb, dass sie klar formuliert ist. Pauschalisierende Reizwörter wie „immer“, „ständig“ oder „nie“ sollten dabei vermieden werden, denn auch sie sind verdeckte Bewertungen.

Schon der griechische Philosoph Epiktet wusste vor knapp 2.000 Jahren: „Nicht die Tatsache an sich macht das Leben schwer, sondern unsere Bewertung der Tatsachen.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert.

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Sabine Siegmund ist Augenoptikerin, Betriebs-
wirtin (HwO), Marketingkauffrau und seit 1995 Inhaberin eines Fachgeschäft für Augenoptik und Hörakustik in Pattensen bei Hannover. Auf der Basis ihrer eigenen positiven und ertragssteigernden Erfahrungen mit moderner Kommunikation im Business und im Teamsport gründete sie ein eigenes Beratungsunternehmen, das Business Coaching sowie firmen- interne Seminare anbietet.

 

 

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